Der „integrierte Pflanzenschutz“ ist ein Anbauverfahren, das vorrangig biologische, biotechnische, pflanzenzüchterische und anbau- und kulturtechnische Maßnahmen berücksichtigt. Die Anwendung chemischer Pflanzenschutzmittel ist auf das notwendige Maß beschränkt. Nach dem Pflanzenschutzgesetz (§ 3) muss Pflanzenschutz nach den allgemeinen Grundsätzen des integrierten Pflanzenschutzes durchgeführt werden. Die allgemeinen Grundsätze sind in Anhang III der Richtlinie 2009/128/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Oktober 2009 europaweit für alle Mitgliedsstaaten verbindlich festgelegt. Die Mitgliedsstaaten müssen die Umsetzung der allgemeinen Grundsätze des integrierten Pflanzenschutzes kontrollieren.
In dem neuen Naturschutzgesetz und Landwirtschafts- und Landeskulturgesetzes, das am 31. Juli 2020 in Kraft getreten ist, wurde der Pflanzenschutz in Landschaftsschutzgebieten und Natura 2000-Gebieten sowie auf intensiv genutzten land- und fischereiwirtschaftlichen Flächen in Kern- und Pflegezonen von Biosphärengebieten, in gesetzlich geschützten Biotopen und bei Naturdenkmalen neu geregelt.
In diesen Schutzgebieten erfolgt die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln nach den Grundsätzen des Landes zum Integrierten Pflanzenschutz - IPS (§ 34 NatSchG). Neben den allgemeinen Grundsätzen zum integrierten Pflanzenschutz sind dabei in der Landwirtschaft zusätzliche landesspezifische Vorgaben einzuhalten (§ 17c LLG), in der Kurzform als IPSplus bezeichnet. Ziel ist, den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln auf das absolut notwendige Maß zu beschränken. Die Vorgaben gelten für den konventionellen wie ökologischen Anbau.
Die Vorgaben orientieren sich an den allgemeinen Grundsätzen des integrierten Pflanzenschutzes der EU-Kommission, die in Anhang III der RL 2009/128/EG beschrieben sind. Auf Basis dieser allgemeinen Grundsätze haben Arbeitsgruppen der Landwirtschaftsverwaltung konkrete Maßnahmen für die Sektoren Ackerbau, Obstbau, Weinbau, Gemüsebau und Hopfenanbau beschrieben, die die landwirtschaftliche Praxis als zusätzliche landesspezifischen Vorgaben in Baden-Württemberg umsetzen muss. Die Umsetzung ist von den Betrieben zu dokumentieren. Die Vorgaben sind zunächst noch Beratungsempfehlungen. Es ist vorgesehen, sie nach der Einführungsphase im Rahmen des landwirtschaftlichen Fachrechts zu kontrollieren. Mindestens eine Wahlmaßnahme ist je Sektor und Betrieb auszuwählen und einzuhalten. Die Wahlmaßnamen sind für die Entwicklung des integrierten Pflanzenschutzes richtungsweisend. Die Pflicht- und Wahlmaßnahmen werden regelmäßig aktualisiert und fortgeschrieben.
Maßnahmen, die finanziell gefördert werden oder ohnehin gesetzlich vorgeschrieben sind, können keine Pflicht- oder Wahlmaßnahmen im Sinne des IPSplus sein. In Kulturen, für die keine Maßnahmen beschrieben sind, müssen keine Maßnahmen eingehalten werden. Wenn die Betriebe Pflichtmaßnahmen nicht einhalten oder keine Wahlmaßnahme wählen können, ist Kontakt mit der amtlichen Beratung aufzunehmen. Die Dokumentation ist in den gesetzlich vorgeschriebenen Aufzeichnungen zur Pflanzenschutzmittelanwendung bzw. Schlagkarteien vorzunehmen und durch Erhebungstabellen und andere Nachweise zu ergänzen. Die Unterlagen sind wie die Aufzeichnungen zum Pflanzenschutzmitteleinsatz 3 Jahre aufzubewahren. Für jeden Sektor wurden Pflichtmaßnahmen beschrieben, die verbindlich von den Betrieben auf allen Flächen in den o.g. Schutzgebieten einzuhalten sind. Weiterhin wurden Wahlmaßnahmen beschrieben, die nicht jeder Betrieb aufgrund seiner Betriebsstruktur erfüllen kann.
Auf den Internetseiten des Staatlichen Weinbauinstituts Freiburg erhalten Sie weitere Informationen zu den landesspezifischen Vorgaben für den Weinbau.
Ab dem Jahr 2021 ist die Kontrolle des Integrierten Pflanzenschutzes im Rahmen des landwirtschaftlichen Fachrechtes bundesweit vorgesehen. Hierzu wurde ein Fragebogen mit den 8 Grundsätzen des Integrierten Pflanzenschutz nach Anhang III der EU-Richtlinie 2009/128/EG entwickelt und eine erläuternde Broschüre dazu verfasst. Im Rahmen der Fachrechtskontrollen wird bei Betriebskontrollen die Einhaltung des Integrierten Pflanzenschutzes abgefragt. Die landwirtschaftlichen Betriebsleitungen haken dazu die von ihnen durchgeführten Maßnahmen im Fragebogen ggf. zusammen mit Hilfe der kontrollierenden Person ab. Der ausgefüllte Fragebogen verbleibt auf dem Betrieb und ist zusammen mit den Pflanzenschutzunterlagen aufzubewahren. Im Kontrollprotokoll wird vermerkt, dass die Abfrage des integrierten Pflanzenschutzes stattgefunden hat.
Die Broschüre „Die allgemeinen Grundsätze des integrierten Pflanzenschutzes“ beschreibt die acht Grundsätze des integrierten Pflanzenschutzes und enthält einen Fragebogen zu den Maßnahmen, die auf einem Betrieb zur Anwendung kommen.
Der Nationalen Aktionsplan zur nachhaltigen Anwendung von Pflanzenschutzmitteln (NAP) wurde am 10. April 2013 von der Bundesregierung verabschiedet. Dieser Aktionsplan ist im Pflanzenschutzrecht und in der Pflanzenschutz-Rahmenrichtlinie der Europäischen Union verankert.
Für die Umsetzung des NAP wurde in Baden-Württemberg eine landesweite Arbeitsgruppe eingerichtet. Sie besteht aus Vertreterinnen und Vertretern des Ministeriums für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz, der Landesanstalten, der Regierungspräsidien und der Unteren Landesbehörden. Eingebunden sind die Bereiche Acker-, Obst-, Gemüse- und Weinbau sowie der Forst.
Ein wichtiges Ziel ist u.a. die Verbesserung von Information und Beratung sowie die Entwicklung und Bereitstellung von Beratungssystemen für den integrierten Pflanzenschutz.
In der Broschüre Nationaler Aktionsplan zur nachhaltigen Anwendung von Pflanzenschutzmitteln (NAP) – Aktivitäten des Pflanzenschutzdienstes in Baden-Württemberg ist beschrieben wie der NAP seither in Baden-Württemberg umgesetzt wird. Anhand konkreter Beispiele wird aufgezeigt, welche Alternativen zum chemischen Pflanzenschutz bereits Eingang in die Praxis gefunden haben.
Weitere Informationen rund um den NAP finden Sie unter http://www.nap-pflanzenschutz.de.