Wintergerste
Wintergerste (Hordeum vulgare L.)
Wintergerste wird im ökologischen Anbau überwiegend als Futtergetreide angebaut und im eigenen Betrieb verfüttert. Marktfruchtbetriebe vermarkten ihre Ernte über Erzeugergenossenschaften, um sie an Futtermittelhersteller zu verkaufen. Mit der Ausdehnung der Schweinehaltung im Ökolandbau wird auch der Bedarf an Futtergerste steigen.
In Baden-Württemberg wurden 2020 rund 2000 ha Öko-Wintergerste angebaut (Quelle: GA-Daten 2020)
In den Öko-Landessortenversuchen in Baden-Württemberg werden aktuell an den Standorten Karlsruhe-Grötzingen und Stuttgart-Hohenheim verschiedene Sorten Wintergerste geprüft.
Wintergerste muss wegen der Gefahr der Auswinterung, außer in Gunstlagen, Ende September im Boden sein. Aufgrund dieser termingerechten frühen Aussaat gibt es nur ein eingeschränktes Spektrum an Vorfrüchten. Günstig sind Kartoffeln, Raps und Erbsen. Wintergerste steht idealerweise nicht nach Weizen, Roggen und Triticale.
Die frühe Bestellung kann aber auch Probleme durch hohen Unkrautdruck vor dem Winter sowie durch Virosen bereiten.
Da die Wintergerste auch wieder früh geerntet wird, bietet sie die Möglichkeiten für eine Unkrautkur, den Zwischenfruchtanbau und für einen Feldfutteranbau.
Für einen guten Feldaufgang ist ein gut abgesetztes, feines Saatbett erforderlich. Die Bodenbearbeitung sollte daher schon 2 Wochen vor der Aussaat erfolgen. Bei Getreidevorfrucht ist auf eine intensive Stoppelbearbeitung und gute und oberflächennahe Vermischung der Ernterückstände zu achten.
Die Saattiefe soll 2 - 4 cm betragen.
Die Aussaatmenge bei mehrzeiligen Sorten beträgt 250 - 350 Körner/m2, bei zweizeiligen Sorten plus 50 - 80 Körner/m².
Bei der Sortenwahl auf Standfestigkeit und Anfälligkeit mit Netzflecken, Rhynchosporium, Zwergrost und Gelbmosaikvirus achten. Es
ist unbedingt darauf zu achten, Z-Saatgut aus ökologischer Vermehrung zu verwenden (www.organcXseeds.de).
Bei ungünstiger Fruchtfolgestellung ist eine organische Düngung mit Gülle oder Jauche sinnvoll. Die günstigsten
Zeitpunkte sind auf Stroh und Stoppeln der Vorfrucht und zum Vegetationsbeginn bis zum Schossbeginn im Frühjahr. Die Düngung
wirkt am besten, wenn in den wachsenden Bestand hinein appliziert wird (Schleppschläuche). Bei guten Ertragsvoraussetzungen
können bis 40 m³/ha Gülle verwertet werden (Ausbringung in zwei Gaben). Hierbei sind die Vorgaben zur Düngeverordnung,
insbesondere zur Herbstdüngung, zu beachten.
Niedrige pH-Werte sind durch Kalkung zu verhindern. Die Gerste reagiert sehr empfindlich auf Kalkmangel, da sich diese Standorte oft auch in einem schlechten Strukturzustand befinden.
Die Wintergerste hat eine relativ geringe Konkurrenzkraft. Wenn es die Bedingungen zulassen, sollte blind gestriegelt werden. Ein Striegeleinsatz ist auch ab dem 3-Blatt-Stadium möglich. Im Frühjahr bietet der Striegel bei weit fortgeschrittenen Wachstumsstadien der Unkräuter keinen erfolgreichen Einsatz mehr.
Die Wintergerste kann von vielen Krankheiten befallen werden. Einige der wichtigsten Krankheiten und Schädlinge sind:
- Mehltau: mögliche Maßnahmen sind auf die optimale Bestandesdichte achten, Sortenwahl, Einsatz von Schwefel.
- Rostkrankheiten: wichtig hierbei ist die Beseitigung von Ausfallgetreide und die Wahl weniger anfälliger Sorten
- Ramularia: auf die optimale Bestandesdichte und eine ausgewogene Düngung achten, Lager vermeiden.
- Gelbmosaikvirus: Anbau virusresistenter Sorten
- Gelbverzwergungsvirus: Ausfallgetreide beseitigen, frühreife Sorten, dichter Bestand, Blattlauszuflug vermeiden,
späteren Saatzeitpunkt wählen
Die Ernte der Wintergerste erfolgt je nach Jahr und Höhenlage von Ende Juni bis Mitte August mit einer angestrebten Feuchtigkeit von >14 %.
Das Ertragsniveau liegt bei 40-70 dt/ha.
Für die Wintergerste gelten folgende Qualitätsanforderungen:
- Marktwareanteil: Kornfraktion >2,2 mm mit einem Anteil von mindestens 88 %
- Vollgersteanteil: Anteil der Kornfraktion > 2,5 mm
- Hektolitergewicht: mind. 64 kg
Wintergerste wird überwiegend als Futtergetreide in der Schweinefütterung verwendet. Besonders für Mastschweine ist Wintergerste ein vorteilhaftes Futtermittel, da den Anforderungen an Verdaulichkeit und Energiegehalt optimal entsprochen wird. Der Rohfasergehalt liegt ebenfalls in einem verdauungsphysiologisch günstigen Bereich. Auch für Zuchtsauen ist Gerste ein geeignetes Futtermittel. In der Ferkelfütterung gibt es Einsatzbeschränkungen, die sich aus dem hohen Rohfasergehalt und möglichen ungünstigen Effekten des Spelzenanteils ergeben (Anteile an ungeschälter Gerste von 10 bis 25 Prozent in der Ration). Für Aufzucht - und Mastgeflügel sollten die Anteile 10 bis 20 Prozent betragen und für Legehennen 40 bis 50 Prozent.
Wintergerste kann auch in Form von Ganzpflanzensilage an Rinder und Schafe zum Einsatz kommen. Als Schnittzeitpunkt hat sich die Milchreife der Körner bewährt. Die Gerstenkörner sollten vor der Silierung weitgehend zerkleinert werden. Für die menschliche Ernährung spielt die Wintergerste eine untergeordnete Rolle. Einige Bio-Betriebe bauen Nacktgerste an.
Es besteht ein begrenzter Markt für Graupen und Malzkaffee. Zweizeilige Wintergerstensorten können auch als Braugerste verwendet werden. Die Anforderungen an die Winterbraugerste entsprechen denen der Sommerbraugerste.
Die Bilder sind im Rahmen der virtuellen Versuchsfeldbegehung im Jahr 2021 auf dem ökologischen Versuchsfeld in Karlsruhe-Grötzingen entstanden. Sie zeigen die Bestandesentwicklung des Öko-Landessortenversuchs Wintergerste im Verlauf der Vegetationsperiode.
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