Bei der Bestimmung der Keimfähigkeit wird unter standardisierten Laborbedingungen die potentielle Keimfähigkeit einer Saatgutpartie bestimmt. Dabei kommen Methoden zum Einsatz, welche für die zu bestimmende Art optimale Keimungsbedingungen bieten. Damit wird ein Vergleich der Qualität verschiedener Saatgutpartien ebenso möglich, wie eine Abschätzung des Anbauwertes. Eine Vorhersage des zu erwartenden Feldaufgangs ist aufgrund dieser Ergebnisse jedoch nur bedingt möglich.
Keimfähigkeitsprüfungen werden grundsätzlich mit den zuvor in der Reinheitsuntersuchung bestimmten technisch reinen Samen durchgeführt. Jeder Keimtest wird mit insgesamt 400 Samen angesetzt. Entsprechend den verschiedenen Kulturarten gibt die ISTA eine Keimmethode vor. Hierbei sind sowohl das Keimmedium (Papier, Sand, ... ) wie auch die Keimtemperatur und die Mindestdauer der Keimprüfung festgelegt.
So wird beispielsweise Getreide zunächst, zur Brechung der Dormanz, für 5 Tage bei 5°C vorgekühlt und dann erst für mindestens weitere 4 Tage in 20°C verbracht, wo das Keimlingswachstum stattfindet, sodass allein die Keimfähigkeitsprüfung von frisch geerntetem Getreide mindestens 9 Tage dauert.
Das Saatgut wird grundsätzlich so eingekeimt wie es vom Einsender an das Referat Saatgut gesendet wurde. Auf Antrag und in bestimmten Fällen nimmt das Labor eine Laborbeizung vor, um den Bedingungen der Praxis bei der Aussaat näher zu kommen. Nach der in den ISTA Vorschriften angegebenen Keimdauer sind die Keimlinge in aller Regel so weit gewachsen, dass die zur Beurteilung erforderlichen Organe ausreichend entwickelt sind und die Auswertung erfolgen kann. Sofern die Keimlinge für eine sichere Beurteilung noch zu klein sind muss der Keimversuch verlängert werden.
Bei der Bewertung werden die Keimlinge entsprechend den ISTA Vorschriften in folgende Kategorien eingeteilt:
- Normale Keimlinge
Sind Keimlinge bei denen Sproß, Wurzel und entsprechende Organe ausreichend entwickelt und ohne oder nur mit geringen Schäden sind. Normale Keimlinge lassen erwarten, dass sich aus ihnen eine zufriedenstellende Pflanze entwickeln wird. - Anomale Keimlinge
Sind solche, die an einzelnen Organen Schäden aufweisen welche das Wachstum und die Entwicklung beeinträchtigen oder Keimlinge die als ganzes deformiert und miss- gestaltet sind. Diese Keimlinge lassen eben nicht erwarten, dass sie sich zu einer zufriedenstellenden Pflanze entwickeln können. - Ungekeimte Samen
Als gekeimt werden solche Samen betrachtet bei denen das Keimwürzelchen aus der Keimschale hervortritt. Samen die noch nicht gekeimt haben sind gesondert zu betrachten und weiter zu differenzieren. Hier unterscheiden wir:
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- Hartschalige Samen
Das sind Samen, die unverändert im Keimbett verblieben sind und aufgrund von Dormanzverhalten keinerlei Wachstum zeigen. Die Hartschaligkeit tritt z.B. bei Leguminosen auf. - Frische Samen
Das sind Samen, die bereits gequollen sind, die jedoch nach der entsprechenden Keimdauer noch nicht gekeimt haben. Auch dies ist ein Zeichen dafür, dass sich die Samen in der Samenruhe befinden. Befinden sich zum Abschluss der Keimprüfung mehr als 5 % frische Samen im Keimbett müssen diese im Lebensfähigkeitstest (Tetrazoliumverfahren) untersucht werden. - Tote Samen
Dies sind Samen bei denen noch keine Keimwurzel ausgetreten ist und die weder hartschalig noch frisch sind. Oftmals ist bei toten Samen eine Schädigung wie z.B. ein ausgeschlagener Keimling oder ein bakterieller bzw. pilzlicher Befall erkennbar.
- Hartschalige Samen
Sobald die Ergebnisse der Keimprüfung von 4 x 100 Samen vorliegen, werden diese mit Hilfe von ISTA-Toleranztabellen auf ihre
Übereinstimmung geprüft. Sind alle vier Wiederholprüfungen miteinander vereinbar kann der Untersuchungsbericht angefertigt
werden. Weichen die vier Einzelergebnisse zu stark voneinander ab, muss eine Wiederholung des Tests erfolgen. Der Keimfähigkeitswert
ist der Mittelwert aus den „Normalen Keimlingen“ der vier Wiederholprüfungen von je 100 Samen.
Auf dem Untersuchungsbericht werden sodann die Keimfähigkeit, (normal gekeimte Samen), die Anomalen Keimlinge und die Toten Samen in ihren Prozentanteilen berichtet.
Hochwertiges Saatgut sollte neben einer hohen Keimfähigkeit noch weitere Qualitätsmerkmale aufweisen, wie z.B. eine hohe Triebkraft und ausreichende Kältetoleranz. Hierfür bestehen jedoch keine saatgutrechtlichen Regelungen, d. h. es sind keine Höchst- und Mindestnormen vorgesehen. Die Feststellung dieser Eigenschaften wird jedoch oft von den Züchtern und Saatgutfirmen als zusätzliche Information für den Saatgutverbraucher beantragt. Insbesondere die Ökosaatgutproduzenten benötigen die Bestimmung der Triebkraft des Saatgutes um die Leistungsfähigkeit ihrer Saatware besser einschätzen zu können.
Bei der Bestimmung der Triebkraft wird unter soweit möglich standardisierten Laborbedingungen die Leistungsfähigkeit einer Saatgutpartie bestimmt. Dabei kommen Methoden zum Einsatz, welche auf die zu bestimmende Art einen definierten Stress ausüben, der die Situation beim Feldaufgang simuliert.
Eine Vorhersage des zu erwartenden Feldaufgangs ist aufgrund dieser Ergebnisse eher möglich als es bei einer Keimfähigkeitsprüfung der Fall ist.
Damit wird ein Vergleich der Qualität verschiedener Saatgutpartien möglich. Triebkrafttests werden grundsätzlich mit den zuvor in der Reinheitsuntersuchung bestimmten technisch reinen Samen durchgeführt. Entsprechend den Kulturarten kommen verschiedene Triebkrafttests (Kalttest oder Auflauftest) zum Einsatz. Die Auswertung muss exakt nach einer bestimmten Anzahl von Tagen erfolgen, eine Versuchsverlängerung ist nicht möglich, da auch das Größenwachstum der Keimlinge bei der Auswertung berücksichtigt werden muss. Aussagefähige Triebkrafttests müssen auf die Feldanbaupraxis abgestimmt sein, daher sind nicht für alle Arten Triebkrafttests etabliert. Im Bedarfsfalle kontaktieren Sie bitte unser Labor.