Nach der EG-Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) sollen das Grundwasser und die Oberflächengewässer europaweit das Umweltziel „guter Zustand“ erreichen.
Bei Oberflächengewässern beinhaltet der „gute Zustand“ einen guten ökologischen und chemischen Zustand. Der „gute Zustand“ ist erreicht, wenn die gewässertypenspezifischen Lebensgemein- schaften nur geringe Abweichungen vom natürlichen Zustand zeigen. Diese geht oft einher mit wenig abwechslungsreicher Gewässerstruktur (Begradigung), fehlender Durchgängigkeit und Abflussregulierung (Stauwehre) oder erhöhten Nährstoffgehalten (vor allem Phosphat). Für Schadstoffe (z.B. Pflanzenschutzmittel und Schwermetalle) dürfen bestimmte Grenzwerte nicht überschritten werden.
Beim Grundwasser setzt sich der „gute Zustand“ aus den Komponenten guter chemischer und guter mengenmäßiger Zustand zusammen. Der gute chemische Zustand ist erreicht, wenn bestimmte Qualitätsnormen für Schadstoffe (z. B. aus landwirtschaftlicher Sicht Nitrat und Pflanzenschutzmittel) eingehalten werden. Der gute mengenmäßige Zustand ist erreicht, wenn die Entnahme von Grundwasser die Neubildung nicht übersteigt.
Die EG-Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) ist der rechtliche Rahmen für eine nachhaltige Bewirtschaftung der Gewässer in den Mitgliedsstaaten der EU. Der flussgebiets- bezogene und fachübergreifende Ansatz der WRRL erfordert umfangreiche Abstimmungen mit Nachbarländern, Nutzern der Wasserkraft, Industrie, Schifffahrt, Trinkwasserversor- gung, Landwirtschaft, Fischerei sowie dem Denkmal- und Naturschutz.
In Baden-Württemberg wurden sechs Bearbeitungsgebiete abgegrenzt, denen einzelne Oberflächenwasserkörper (Einzugsgebiete kleinerer Gewässer) und Grundwasser- körper zugeordnet sind. Für jeden einzelnen Wasserkörper ist der „gute Zustand“ zu erreichen.
Der nach EG-WRRL geforderte „gute Zustand“ der Gewässer wurde im ersten Bewirtschaftungssyklus (2009 – 2015)
nicht flächendeckend erreicht. Dies soll nun im Rahmen des zweiten Bewirtschaftungszyklus (2016-2021) erreicht werden. Eine weitere
Fristverlängerung bis zum Jahr 2027 ist nur in begründeten Ausnahmefällen möglich. Im Jahre 2013 erfolgte in Hinblick
auf die Erstellung des zweiten Bewirtschaftungsplans 2015 eine Neubewertung der Grund- und Oberflächengewässer. Demnach haben 11
der 22 gefährdeten Grundwasserkörper den guten Zustand bereits erreicht. Allerdings unterschreiten einige gGWK den Schwellenwert
nur geringfügig, so dass keine sichere Prognose in Hinblick auf die Zielerreichung 2021 besteht. Somit wurden 19 gGWK (17% der
Landesfläche) in der Kategorie „Risiko vorhanden“ an die EU gemeldet.
Bei den Oberflächengewässern konnte die Datenlage vervollständigt und die ökologische Bewertung abgeschlossen werden.
Sie umfasst nunmehr die folgenden vier biologischen Qualitätskomponenten Fischfauna, Makrozoobenthos (wirbellose, am
Gewässergrund lebende Tiere), Makrophyten und Phytobenthos (Wasserpflanzen und Aufwuchsalgen) und Phytoplankton (frei im Wasser
schwebende Algen). Zusätzlich zu den biologischen Qualitätskomponenten werden hydromorphologische und physikalisch-chemische
Qualitätskomponenten (z.B. Phosphatgehalte) unterstützend zur ökologischen Bewertung herangezogen. Darüber hinaus wird
mit der Oberflächengewässer-Verordnung (OGewV 2011) in Anlage 5 eine Reihe von Qualitätsnormen für spezifische
Schadstoffe vorgegeben, die ebenfalls in die Bewertung des ökologischen Zustands eingehen. Im Rahmen des WRRL-Monitorings wurde im
Jahr 2012 die biologische Qualitätskomponente Makrophyten und Phytobenthos (MuP) an 549 Untersuchungsstellen in insgesamt 158
Oberflächenwasserkörpern des Landes untersucht.
Die Bewertung ergab, dass 70% der Wasserkörper den „guten Zustand“ verfehlen, was weitgehend auf eine erhöhte
Nährstoffbelastung zurückzuführen ist. Die wesentlichen Ursachen hierfür sind der punktuelle Phosphat-Eintrag aus der
Siedlung (Kläranlagen, Kanalüberlauf bei Starkregen etc.) und der diffuse Eintrag aus der landwirtschaftlichen Fläche als
gelöstes Phosphat im Oberflächenabfluss (Abschwemmung), Drainagen, Zwischenabfluss (Interflow) und Grundwasserzustrom sowie an
Bodenpartikel gebundener Phosphor (Erosion). Die für den zweiten Bewirtschaftungszyklus 2016-2021 aktualisierten
Bewirtschaftungspläne und Maßnahmenprogramme können unter www.wrrl.baden-wuerttemberg.de
abgerufen werden
Für Baden-Württemberg ergeben sich gemäß der aktualisierten Qualitätsbewertung nach WRRL für den zweiten Bewirtschaftungszeitraum 2016 - 2021 folgende Problembereiche, die maßgeblich mit der Landwirtschaft in Verbindung stehen:
- die Belastung der Oberflächengewässer mit Phosphat und
- die Belastung des Grundwassers mit Nitrat.
Über den verpflichtenden Maßnahmen in Wasserschutzgebieten (SchALVO) und an Gewässerrandstreifen (Landeswassergesetz) hinaus, können freiwillige Maßnahmen im Agrarumweltprogramm FAKT gefördert werden: F1 Winterbegrünung, F2 Stickstoff-Depotdüngung mit Injektion, F3 Precision Farming, F4 Reduzierte Bodenbearbeitung mit Strip-Till und F5 Freiwillige Hoftorbilanz. Förderfähig sind Flächen in der (Wasserkulisse). Diese umfasst alle Flächen in den 22 gGWK, sofern diese nicht gleichzeitig in einem Wasserschutzgebiet der Kategorie Problem- oder Sanierungsgebiet (SchALVO) liegen. Die Maßnahme F4 Reduzierte Bodenbearbeitung mit Strip-Till kann zusätzlich auch auf allen erosionsgefährdeten Flächen beantragt werden, die im Erosionskataster von Baden-Württemberg als wassererosionsgefährdet ausgewiesen sind (CCWasser1 und CCWasser2).
Die landwirtschaftliche Praxis wurde mit einer Serie von Beiträgen in den Landwirtschaftlichen Wochenblättern informiert:
FINCK, M. (2011): Das wertvolle Gut schonen. Wasserrahmenrichtlinie Teil 1: Ziele, Vorgehen, Zeitrahmen. BWagrar, 43/2011, S. 17-18.
FINCK, M. (2011): Nährstoffe gezielt einsetzen. Wasserrahmenrichtlinie Teil 2: Phosphateinträge in Oberflächengewässer vermeiden. BWagrar, 44/2011, S. 36-37.
HINTEMANN, T. (2011): Abdrift und Abfluss verhindern. Wasserrahmenrichtlinie Teil 3: Pflanzenschutzmittel in Oberflächengewässer vermeiden. BWagrar, 45/2011, S. 20 - 21
FINCK, M. (2011): Stickstoff sparen. Wasserrahmenrichtlinie Teil 4: Nitrateinträge ins Grundwasser vermeiden. BWagrar, 46/2011, S. 34-36.
FINCK, M. (2011): Wasserrahmenrichtlinie Teil 1 -Ziele, Vorgehen, Zeitrahmen. Landpost, 44/2011, S. 12-13.
FINCK, M. (2011): Phosphateinträge in Oberflächengewässer vermeiden. Wasserrahmen- richtlinie Teil 2. Landpost, 46/2011, S. 10-11.
FINCK, M. (2011): Nitrateinträge ins Grundwasser vermeiden. Wasserrahmenrichtlinie Teil 4. Landpost, 50/2011, S. 10-11.
Im Rahmen des ersten Bewirtschaftungsplans wurden im Bereich Landwirtschaft vier Projekte durchgeführt, die besondere Problemschwerpunkte darstellen;
- Beratungsprojekt Gartenbau zur nachhaltigen Verbesserung der Stickstoff-Ausnutzung beim Anbau von Gemüse
- Beratungs-
und Forschungsprojekt zur Weiterentwicklung einer standort- und witterungs-abhängigen Bodenpflege und Stickstoffdüngung im
Weinbau (Merkblatt)
- Nährstoffbilanzen zur Beurteilung einer grundwasserschonenden Landbewirtschaftung
Wüstholz, R., Bahrs, E., 2013: Weiterentwicklung von Nährstoffbilanzen in der Landwirtschaft als ergänzendes Instrumentarium zur Erreichung eines guten Gewässerzustands. Universität Hohenheim. - Identifikation kleinräumiger Risikogebiete zur Bewertung von wasserschutz- relevanten
Maßnahmen
Seit 2014 läuft das Projekt "Konservierender Ackerbau" („Conservation Agriculture“) mit minimaler Bodenbearbeitung (einschließlich Strip-Till) und optimiertem Zwischenfruchtanbau - ein Weg zur Reduktion der diffusen Phosphat- und Pflanzenschutzmitteleinträge in Oberflächengewässer sowie von Nitrat ins Grundwasser"
Zusätzlich werden vom LTZ in Praxis- und Exaktversuchen verschiedene Anbauverfahren hinsichtlich einer Verminderung der Nitratauswaschung überprüft.
Mehr Informationen unter Wasserschutz & Landwirtschaft, Versuche und Projekte zum gewässerschonenden
Pflanzenbau.
Das LTZ hat im Rahmen eines Projektes (2007-2009) die Stickstoff-Überschüsse (N-Überschüsse) für die 23 gefährdeten Grundwasserkörper berechnet. Ziel war die Klärung von Ursachen für die Nitratbelastung des Grundwassers. Die Berechnungen wurden mit hoher räumlicher Auflösung und in drei Zeitschritten (1980 – 1995 – 2005) erstellt um die Historie der N-Überschüsse bzw. N-Einträge ins Grundwasser abzu- schätzen. Die zeitliche Entwicklung der N-Überschüsse dienten auch als Grundlage für die Abschätzung der zu erwartenden zukünftigen Entwicklung im Grundwasser... mehr
Die vom LTZ ermittelten N-Überschüsse als potentielle N-Einträge ins Grundwasser wurden von der LUBW anhand der Nitratmesswerte im Grundwasser unter Berücksichtigung der Verweilzeit (Zeit für die Sickerung und Fließzeit bis zur Grundwassermessstelle) plausibilisiert (siehe Kap. 4 Emission in den LUBW-Berichten „Gefährdete Grundwasserkörper - Bewertung und Erfordernis weitergehender Maßnahmen“ (Anlage zu den Teilbearbeitungsgebietsberichten)
In einigen Oberflächengewässer, insbesondere Kocher und Jagst wurden mehrfach erhöhte Gehalte des Pflanzenschutzmittelwirkstoffs Isoproturon gefunden. Das LTZ Augustenberg führte in Zusammenarbeit mit der LUBW und den betroffenen Landwirtschaftsbehörden eine Studie zur Klärung der Eintragspfade durch. Demnach erfolgt der Haupteintrag über die Drainage sowie Erosion und Abschwemmung.
Liste der Berichte und Fachartikel des LTZ zum Thema Wasserschutz (2003-2016)
FINCK, M. (2016): Umsetzung des Zweiten Bewirtschaftungsplans (WRRL) im Bereich Landwirtschaft. Landinfo 4/2016, S. 25-28.
FINCK, M.; B. DELLER; T. HINTEMANN; I. OTTEN; M. REINSCH (2010): Ergebnisse des Nitrataustrags in den gefährdeten Grundwasserkörpern Baden-Württembergs. VDLUFA-Schriftenreihe (65) 2009, Teil 2, S. 87-98.
FINCK, M.; T. HINTEMANN.; I. OTTEN; M. REINSCH (2010): Nitrataustrag in den gefährdeten Grundwasserkörpern Baden-Württembergs und maßgebliche Ursachen für dessen zeitliche Entwicklung. VDLUFA-Schriftenreihe (65) 2009, Teil 2, S. 52-63.
FINCK, M. (2016): Phosphor-Eintrag in Oberflächengewässer. Vortrag LEL 07.12.2016.
LUBW: Gewässerrandstreifen in Baden-Württemberg. Infoblatt Landwirtschaft.
Weiterführende und detaillierte Informationen zur SchALVO in Baden-Württemberg sind im Infodienst der LW-Verwaltung unter Boden- und Gewässerschutz/ Wasserrahmenrichtlinie zu finden.